Von Gibraltar über Marokko nach Lanzarote
Weihnacht in Gibraltar
Und es ist, wie geahnt! Wir sind Weinachten
noch (warum „noch“? sagten wir nicht, es treibt uns nichts?) in Gibraltar und
vielleicht noch etwas länger. Ich habe Medikamente bei einem Freund bestellt
und die wurden am 20.12. verschickt – als Brief – zu Weihnacht! Das kann
bekanntlich dauern. Trotz DHL, die doch immer mit ihrer Geschwindigkeit
protzen.
Am 20sten haben wir ein deutsch /
amerikanisches (er) Paar kennengelernt, die mit einem hochinteressantem Segler
in unserer Marina lagen. Das Boot ist ein 17m langes Voll-Carbon Schiff, blau
und weiss, mit Carbon-Rigg und
Rod-Wanten und schwarzen Carbon-Segeln, der T-Kiel geht 3,5m in die Tiefe. Das
ist eigentlich das teuerste, was so auf dem Markt ist. Aber die Eigner waren
vom ersten Moment so locker und aufgeschlossen, dass wir uns direkt anfreunden
konnten. Er ist Kapitän auf einem Fabrikfischer in der Beringsee (!!!) und
spricht sowohl sein amerikanisch und versteht auch sehr gut deutsch. Sie leben
auf dem Schiff und reisen in der Zeit, in der er nicht arbeiten muss in der
Welt herum (was mit einem Schiff, das auch mal an die 25 Knoten rauscht, doch
recht kurzweilig scheinen kann. Kurz – ein wirklich nettes Paar mit dem wir uns
bald schon für den heiligen Abend verabredeten. Gut, sie wechselten noch nach
„England“,aber der Hafen, mitten in der Stadt, ist auch gut geschützt.
In der etwas
traurigen Vorweihnachtszeit, in der wir unsere Familie vermisst haben, war es
schön, TJ und Jenny näher kennenzulernen. Die beiden leben seit 10 Jahren mit
ihrem Hund Baxter auf ihrem Boot Rocket Science. Jenny kommt aus Aachen und
besucht immer wieder ihre Familie und wird uns bestimmt mal besuchen kommen.
Rocket Science
Die beiden
zeigten mir zunächst einen weiteren Aufstieg zum Rock, die „Mediteranien
Steps“, ein wunderschöner steiler Aufstieg auf der Ostseite des Felsens mit
üppiger Vegetation und endemischen Pflanzen, also Blumen, die nur auf Gibraltar
wachsen.
TJ und Jenny auf den Mediteranien Steps
Wir trafen
uns nachher mit Hartmut zum typischen englischen „Fish and Chips“. Zu unseren
weiteren Reisezielen gefragt, erzählten wir TJ
und Jenny von unserer Sorge vor den riesigen Thunfischnetzen vor der
Küste Marokkos, vor denen immer gewarnt wird. TJ zeigte uns dann später seinen
Hook, ein gebogenes Messer, das man mit dem Bootshaken verlängern kann, so dass
man von Bord aus, sich von dem Netz oder der Leine befreien kann. Wir machten
uns sofort auf die Suche nach solch einem Messer, konnten aber keines finden,
schade.
Weinacht in Gibraltar: Es wirkt unwirklich
– weit weg von unserer winterlichen, feucht-kalten Weinachtszeit, mit
Tannenbäumen, warmen Behausungen, familiären Begegnungen und all den
Beschenkungen, manchmal mit Besinnlichem verbunden….liegen wir hier in warmen
sonnigen Gefielden an einem Steg in La Linea, an dem einige Langzeitsegler zu
Langzeitliegern geworden sind – meist Rentner, meist alleine auf ihrem Schiff
lebend, ein bisschen Einsamkeit ausstrahlend. Mancher schmückt sein Boot mit
allerlei Leuchtbändern, iluminierten Rehen und Weinachtsmännern. Zumindest
farbenfroh- aber die Stimmung fehlt!
Weihnachten in La Linea, Spanien
Wir wechseln lieber das Land und fahren
rüber in den englischen Teil. Hier geht es lustiger zu: der Weinachtsmann wird
in einem geschmückten Wägelchen mit enthaltenem Gettoblaster und schriller
Weinachtsmusik durch die Einkaufsmeile geschoben, tausendfach mit Selfies
abgelichtet – die Kauflaune geht ihrem Höhepunkt entgegen.
Süßigkeiten fur die Kinder
Das Hotelschiff im Ocean Village
Der Heiligabend wurde für uns dann doch
eine kleine Offenbarung: wir hatten mit den Kindern verabredet, eine
Videokonferenz in Skype zu versuchen und Jo, der in BG statt Hongkong war,
schaffte es tatsächlich, alle 4 Standorte zusammenzuschalten. Wir konnten
leider nur auf dem Handy kommunizieren, aber es reichte! Plötzlich hatten wir 4
Bilder: uns beide, Jo in BG, Momo in Wesseling und Jassi in Vietnam! Gut, das
mit der Disziplin, wer wann spricht, müssen
wir noch gemeinsam üben. Aber, dass wir uns alle, doch gleichzeitig erleben
konnten – großartig!!
Konferenzschaltung an Heilig Abend
Es lebe die Zukunft! (Na ja – nach dem „Homo Deus“ haben
wir gerade das Buch „Zero“ in der Hand – also die Zukunft – boi, sind wir alt –
ist doch sehr befremdlich, so aus unserem "Jetzt" betrachtet. Wie war die
Aufregung über“1984“? – Alles schon überholt!).
Am Nachmittag hatten wir die Einladung zum
Stollenessen mit unseren Freunden in Gibraltar. Herzlich und gut. Ute hatte
dazu einen „ECHT“ gelungenen Schokoladenkuchen vorbereitet. Wir verbrachten einen schönen
Nachmittag mit liebevoll eingepackten Geschenken.
Der Gabentisch auf Rocket Science
Und die Überraschung war perfekt: Jenny und TJ schenkten uns ihren eigenen Hook, da es den wohl nur in den USA zu kaufen gibt. Das fanden wir riesig und gibt uns Sicherheit entlang der marokkanischen Küste.
Unser Weihnachtsgeschenk von TJ und Jenny
Am Abend wurde es noch etwas besinnlich.
Wir gingen in den Familiengottesdienst in der großen Kirche in Gibraltar.
Englische Predigten sind uns doch etwas näher als spanische.
An Bord verbrachten wir noch einen gemütlichen Abend.
Wir
schenkten uns Tassen aus englischem Porzellan und trennten uns endlich von den
nicht mehr zu reinigenden Melanintassen.
Endlich wieder Tee und Kaffee aus Porzellantassen trinken
Wenn Hartmut mal viel Zeit hat
Heute ist schon der 27.12. und die
Post-Sendung hängt in Cadiz fest. Wir müssen sie leider abwarten, und das
heißt: warten! Mal schauen, wie lange noch. Gut, zum „Glück“ hat sich das
Wetter seit gestern entscheidend verändert, erst ein Starkregen, der uns neue
Undichtigkeiten bescherte, dann entwickelte sich in der Nacht wieder ein Sturm
aus West, der ein ungeheures Getöse in den Riggs aller Boote verursachte und
alle Leinen zum Zerreißen spannte .Ute hatte für die Undichtigkeiten noch
einige Joghurteimerchen greifbar – das schlimmste Einwassern konnte sie so
verhindern – der Sturm raubte ihr dafür jeden Schlaf. Das mit der Undichtigkeit
ist bei alten Schiffen kaum in den Griff zu bekommen – der Rumpf arbeitet stark
in den Wellen, das Rigg verspannt das Boot ebenso, und die Dichtung aller
Beschläge ist mittlerweile spröde. Also permanentes Nachbessern und Reparieren
ist angesagt.
Hier kam ein großer Besuch
nach Gibraltar: Die größte Segelyacht der Welt (Wissensstand 2016! Das nächste,
grössere ist sicher schon im Bau!!!). Das Boot ist me.Wi. 125m lang und hat 3 Karbonmasten
mit jeweils 90m Länge (dafür mussten spezielle Backöfen erfunden und gebaut -,
3 x genutzt und dann wieder verschrottet werden). Bei mir hat das Boot 2 Rekorde
erzielt: 1.das Größte und 2. Das Hässlichste!. Der Witz bei diesem Brocken ist
der Gleiche, der auch in Tarragona zutraf: das Ding ist so groß, dass es in
keinen Hafen mehr passt und immer im Industriehafen, oder auf Reede geparkt
werden muss. Also: Nix für Angeber!! Hä, hä...
Man richtet sich im neuen
Jahr ein. Dies Wäldchen wird sicher mal ein gestandener Wald, wenn es groß
wird. Und Einer hat sich vorsorglich einen netten Platz gesichert!
Es gibt schon wundersames: ich repariere
die Bilge-Pumpe, besorge neue Schlauchstücke, setze ein Umschaltventil wieder in Gang – aber für den Umschalthebel
(soll das Duschwasser oder das eingedrungene Wasser aus dem Rumpf abgepumpt
werden?) fehlt die Befestigungsmutter. Ist natürlich englisches Gewinde! Ich
will doch fertig werden! Also ab nach England, ist ja `ne englische Mutter. Bei
diesem Sturm allerdings eine wilde Plackerei, dahin zu strampeln. Und dann das:
die Geschäfte machen alle zwischen den Jahren zu. Schiet! Na, denke ich,
vielleicht die Hafenwerkstätten? Gibt doch e` genug zu tun. Denkst`e! Also dreh
ich dampfend wieder um. Nach 50 m kommt
mir der Gedanke: hier ist soviel Schrott in der Gegend, vielleicht liegt
zufällig….Ich rum, fahre zurück, sehe nach 10m ein Stück verrostetes –
Röhrchen? Schaue – und da ist es doch eine Rohrmutter, und sie passt! --Ist halt Weihnachtszeit! Die Pumpe ist
verlegt, angeschlossen und wieder in Funktion. Puh!
Silvester
Nachdem Hartmaat für den 5. Januar einen Flug nach Jerez gebucht hat, war klar, dass wir auch Silvester noch in Gibraltar bleiben. Auf dem Marktplatz gab es auf der Bühne Livemusik mit anschließendem Feuerwerk.
Happy New Year 2018
Bleibt uns ja nix erspart! Gibraltar gibt sich Mühe, Ute auch und ich? Weiß nicht wie – aber ich bekomme eine Lebensmittelvergiftung von ? – keine Ahnung. Ab 22 Uhr ging es mir derart schlecht, dass ich kaum noch etwas mitbekam. Ich begann das neue Jahr mit Bauchkrämpfen und schweren Kreislaufstörungen. Feuerwerk war toll – Musik auch. Ute erst recht. Und irgendwie kamen wir dann doch noch zum Schiff zurück.
All die
Ereignisse, die „Zufälle“, die Hemmnisse schreien immer wieder nach einem
Grund. Als müsste alles, immer einen Grund haben. Aber an „Zufälle“ glaube ich
seit längerem immer weniger. Und dass „Sinn“ für mein kleines Hirn meist nicht erfassbar ist, weiß
ich mittlerweile auch. Also, warum muss das neue Jahr so besch…eiden beginnen.
Ist das richtig, was wir machen, oder sollen uns die vielen „Zeichen???“
einbremsen? Wenn uns das mal klar würde. Also weiter….
Gut vier
Wochen haben wir in Gibraltar bzw. in La Linea verbracht. Nicht umsonst gibt es
hier so viele Segler, die hier ihre geplante Weltumsegelung beendet haben. Wir
haben die urigsten Schiffe gesehen, die diesen Hafen so bald nicht mehr
verlassen werden. Auch wir waren aus den unterschiedlichsten Gründen an einem
Tiefpunkt angelangt und überlegten manches Mal die Fahrt zu unterbrechen und zu
Hause eine Pause einzulegen.
Die Straße
von Gibraltar ist wie eine Düse und immer wieder ziehen hier in beide
Richtungen heftigste Stürme durch. Diese Stürme alleine schon im Hafen zu
erleben kaufen einem den Schneid ab. Wir hatten lange Zeit keinen Regen, doch
bei den Unwettern wurde uns wieder vor Augen gehalten, dass unsere Fenster
nicht mehr dicht zu kriegen sind. Auch
der andere Reparaturstau ließ uns mutlos werden.
Doch wir
rappelten uns wieder auf, Hartmut reparierte die Bilgenpumpe ( eine
abgebrochene Schraube konnte ausgebohrt werden, s.o.), der defekte Charge Controler
wurde umgetauscht und im Werk programmiert, das neue Solarpanel und der
Windgenerator laden nun endlich Strom, die Selbststeueranlage ist eingerichtet
und muss bei einer ruhigen Fahrt getestet werden, der Bliester (ein
Leichtwindsegel) wurde geflickt, der Spinnakerbaum mit Leinen versehen.
Ich habe die
Bedienungsanleitungen unserer Navigationsgeräte durchgearbeitet, u.a die des
Funkgerätes, des Plotters, des Navtex und des Radars.
TJ meinte
auch zu uns, wir sollten uns nicht zu viele Sorgen machen, ein Schiff werde nie
richtig fertig. Wir freuten uns auch Hartmaat, unseren Maat, bald an Bord zu
haben. Das gab uns neuen Auftrieb.
Sevilla
Wir liehen
uns ein Auto und holten am 5. Januar Maat vom Flughafen in Jerez ab. Wir
wollten den Tag nutzen und Cadiz besichtigen, doch auf der Autobahn sahen wir,
dass es gar nicht weit bis Sevilla war und sind kurzentschlossen in die
Geburtsstätte des Stierkampfs gefahren.
Wir besichtigten die Stierkampfarena, das war sehr interessant und informativ,
danach konnte ich die Faszination für diese Tradition besser nachvollziehen.
Maat und ich haben letztendlich doch den Eingang der Arena gefunden
Maat und ich haben letztendlich doch den Eingang der Arena gefunden
Sieht schon merkwürdig aus,
die Umgebung der Stierkampfarena. Mitten in der Stadt, verborgen hinter
Häusern, Kneipen, Läden, Einfahrten und kleinsten Parkplätzen. Du stehst davor
und siehst nix von der Arena. Oder du musst wissen, wo der Eingangsbereich ist.
Ute und Hartmaat haben ihn dann gefunden. Als Junge war ich mal von Manuel
Benitez el Cordobez begeistert – ein junger Aufsteiger, mutig bis verwegen,
aufsässig, toller Hecht – aber ich mochte eigentlich keinen Stierkampf, obwohl
ich auch gerade Hemingway las. Verworrene Zeit.
Ich stürzte aber sofort in eine Bodega, die so recht nach Kampfgläubigen aussah – und ich landete einen Volltreffer. U und H zögerten, da doch ein merkwürdiger „Duft“ aus dieser Kneipe dang –es ging in ganz dunkle Räume, es roch nach Rauch, Schnaps, vergammeltem Stroh, Stiermist, Blut und Schweiß! Ok, meine Fantasie ging ein bisschen mit mir durch, aber es war düster, rauchig, schummrig und verschworen, roch wirklich eigenartig und war ein Relikt einer sehr alten Zeit. An den Wänden hingen Plakate aus den letzten Jahrhunderten, zwischen hunderten von Fotos aus allen Zeiten des Stierkampfes, die die Helden, wie die Verlierer, die Triumphe, wie die Tragödien festhielten – Dokumente aus 2 Jahrhunderten der Leidenschaft zu diesem Kampfsport. Und hunderte von Stierschwänzen, als Siegeszeichen der Pikaderos (?) und Stierhoden, die den Toreros wohl mitgegeben werden (ham die keine?) Und dazwischen die Köpfe der Stiere, viele Köpfe, ausgestopft und bestens präpariert schauen dich diese Stiere wie lebendige, zornige Unwesen an, fixieren dich und du glaubst ihr Schnauben und Hufescharren zu vernehmen. Ich wusste nicht, wie imposant solch ein Stier auch bloß als ausgestopfter Kopf aussieht – na gut, mit den riesigen Hörnern halt! Und du siehst dich um, schaut in die harten Mienen der harten Kerle, die noch richtige Kerle sind und nicht so Weicheier wie wir – und ich begreife: hier bin ich wohl nicht richtig, hier kommt kein netter Kellner und fragt mich freundlich, ob er mir vielleicht einen leichten Kamillentee anbieten könnte……..
Ich stürzte aber sofort in eine Bodega, die so recht nach Kampfgläubigen aussah – und ich landete einen Volltreffer. U und H zögerten, da doch ein merkwürdiger „Duft“ aus dieser Kneipe dang –es ging in ganz dunkle Räume, es roch nach Rauch, Schnaps, vergammeltem Stroh, Stiermist, Blut und Schweiß! Ok, meine Fantasie ging ein bisschen mit mir durch, aber es war düster, rauchig, schummrig und verschworen, roch wirklich eigenartig und war ein Relikt einer sehr alten Zeit. An den Wänden hingen Plakate aus den letzten Jahrhunderten, zwischen hunderten von Fotos aus allen Zeiten des Stierkampfes, die die Helden, wie die Verlierer, die Triumphe, wie die Tragödien festhielten – Dokumente aus 2 Jahrhunderten der Leidenschaft zu diesem Kampfsport. Und hunderte von Stierschwänzen, als Siegeszeichen der Pikaderos (?) und Stierhoden, die den Toreros wohl mitgegeben werden (ham die keine?) Und dazwischen die Köpfe der Stiere, viele Köpfe, ausgestopft und bestens präpariert schauen dich diese Stiere wie lebendige, zornige Unwesen an, fixieren dich und du glaubst ihr Schnauben und Hufescharren zu vernehmen. Ich wusste nicht, wie imposant solch ein Stier auch bloß als ausgestopfter Kopf aussieht – na gut, mit den riesigen Hörnern halt! Und du siehst dich um, schaut in die harten Mienen der harten Kerle, die noch richtige Kerle sind und nicht so Weicheier wie wir – und ich begreife: hier bin ich wohl nicht richtig, hier kommt kein netter Kellner und fragt mich freundlich, ob er mir vielleicht einen leichten Kamillentee anbieten könnte……..
Stierkampfarena in Sevilla
Königsloge
Durch dieses Tor darf am Ende des Kampfes nur ein Sieger gehen
Chaquetilla und Taleguilla berühmter Toreros
Zurück in Gibraltar
Ich musste Maat unbedingt den Affenfelsen zeigen, wir wanderten eine große Runde und gingen die mediterranen Steps dieses Mal runter.
Die riesige Hangebrücke am Roque
Dann folgten wieder zwei Regen- und Sturmtage. Maat und ich schafften es endlich, den Plotter so einzustellen, dass die AIS-Daten vom Funkgerät auch in den Plotter übertragen werden, d.h. man kann jetzt genau sehen in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit die Schiffe fahren, eine große Hilfe bei der geplanten Überquerung der Straße von Gibraltar! Wir verabschiedeten uns von TJ und Jenny, die uns auch ans Herz gewachsen sind. TJ fliegt nach Seattle und muss arbeiten, Jenny verbringt die nächsten zwei Monate allein in Gibraltar, das Los einer Seemannsfrau.
Die Straße von Gibraltar
Am 9. Januar 2018 stachen wir nach 4 ½ Wochen endlich wieder in den See, Ziel ist Ceuta, die spanische Enklave auf der gegenüber liegenden Seite in Afrika.
Wieder auf dem Wasser!
Es war spannend, die Straße von Gibraltar zu überqueren, dazu waren die angezeigten Daten im Potter eine große Hilfe.
Endlich die AIS-Daten auch im Plotter
Wir bedauern immer mehr, dass wir keinen AIS-Transponder haben, man uns also nicht sehen kann. Einen dicken Tanker, der von hinten angebraust kam, haben wir angefunkt, ob er uns auch sieht.
OK – hier in der Straße ist für alle Schiffe erhöhte
Aufmerksamkeit vonnöten – die Fahrbahnen sind sehr eng, besonders wenn große
Schiffe erst einmal einbiegen, oder ausfahren, oder wenden, oder quer über alle
Fahrbahnen in die Bucht von Gibraltar abfahren wollen – manche werden einfach
langsamer und lassen dann – für uns sehr plötzlich – ihren Anker knapp neben
den Fahrbahnen fallen, um auf Reede eine Einfahrt abzuwarten. Und auf der
afrikanischen Seite hat's mittlerweile 3-4 Häfen für Tanker, Fracht- und
Containerschiffe. Also, dieses AIS ist dann schon sehr hilfreich, die Lage richtig
einzuschätzen: fährt der?, schläft der?, sieht der uns? , was macht der überhaupt
als nächstes? Kommt er in unseren Gefahrenbereich können wir ihn am Plotter
anklicken und haben dann Name und Grunddaten des „Gegners“!! Dann
– zB. „Ms Donald, MS Donald, MS Donald, here Sailship Pipoca, sailship Pipoca. Plesse come
for contact“ --- dann dauerte
20Sek.(kurz und meist muffig)“ Pipoca Herr Donald. Come…“, „Ms Donald, Herr Pipoca. Our Position is 1
NM in front oft you! Can you see me? Oder“
--- „ oh, yes. Now I see you“ --
MS Donald ,here Pipoca. If you stay on
course, we will pass your line behind you. Is this OK? Over“ --- „Pipoca – that
is OK. Good trip to you.“ ---„Thanks, and good trip for you as well. Over and out!“
Weil wir kein eigenes Erkennungssignal aussenden, müssen
wir halt die anderen anrufen, um wahrgenommen zu werden. Tja..
Da gibt es doch eine Idee, aber die wurde erst um einige Zeit
später aktuell…!
Wir kamen den dicken Pötten sehr nahe
Ceuta
In Ceuta trafen wir bei der Ankunft die drei jungen Franzosen mit der Quasar. Wir hatten sie das erste Mal in Cartagena angesprochen, da sie die gleiche Selbststeueranlage haben. Sie gaben uns hilfreiche Tipps und erzählten uns, dass sie über Marokko, Senegal nach Brasilien segeln wollen. Wir hielten sie für erfahrene Segler, wir wunderten uns allerdings warum sie trotz Sturmwarnung letzten Donnerstag aus Gibraltar ausgelaufen sind. Sie erzählten uns, dass deren Wetterportal „Meteo France“ keinen Sturm vorhergesagt hatte, die anderen Apps, wie Windy, Windfinder oder Passage Weather kannten sie nicht. Sie sind auf dem Weg nach Ceuta in Seenot geraten, hatten zerrissene Segel und Wassereinbruch im Schiff und mussten von der Seenotrettung in den Hafen geschleppt werden. Sie waren völlig geschockt und erkundigten sich bei uns nach den Wetterbedingungen für die Rückfahrt nach Gibraltar, um das Schiff dort reparieren zu lassen. Für die drei war die Reise leider schon beendet, was uns sehr leid getan hat. Das zeigt uns einmal mehr wie wichtig Informationsaustausch ist, unter Seglern erfolgt das auch ständig.
Zunächst
einmal waren wir überrascht, dass die Hafengebühren im Vergleich zu Gibraltar
doppelt so teuer waren. Ceuta hat eine
riesige Festungsanlage und eine tolle Altstadt mit engen Gassen. Die Hälfte der
Bevölkerung sind Muslime, der afrikanische Einfluss ist überall zu sehen. Der
berüchtigte Zaun ist 8 km entfernt, man konnte ihn später vom Wasser aus sehen.
Afrika? Also
eigentlich ist das noch Europa mit afrikanischem Anstrich -sichtbar, da die Hälfte
der Frauen verschleiert sind, selten voll- aber meist sichtbar, die meisten sind
‚braun' oder ‚weiss', nur ganz wenige ‚schwarz'. Wir werden grandios empfangen
– es ist schon abendlichen dunkel, als wir die ersten Schritte in den Ort
machen können. Und das ist ja die Zeit, zu der alle Städte so toll aussehen –
ausgesuchte Gebäude werden mit raffiniertem Licht bestrahlt, die Beleuchtung
der Straßen und Geschäfte mit den flanierenden Menschen zieht einen richtig an.
Was sich in dunklen Ecken abspielt, bleibt wohlweislich im Verborgenen und würde
auch gerne das Tageslicht scheuen!
Sieht eigentlich ganz hübsch aus (sanitäre Einrichtungen nicht im Bild)
Auch hier gibt es Winter! Leider war das riesige Freizeitbad ohne Wasser
Caféecke eines traditionellen Restaurants
Alt und neu
Das Straßenbild verändert sich
Altstadt von Ceuta
Diese Klötze sind ein vielstöckiger Friedhof (gemeint ist der Hintergrund)
Wehranlagen in Ceuta - uneinnehmbar
Säulen des Herakles - Trennung der Welten, links Ceuta, rechts Gibraltar
Tanger
Nach zwei Tagen ging die Fahrt weiter nach Tanger. Schon recht bald trafen wir die lustigen kleinen Fischerboote, die bei der Welle schwer zu sehen sind. Anfangs beunruhigte uns immer etwas, dass die Boote auf uns zuhielten und man das Gefühl hatte, die wollen bei uns anlegen. Doch die Fischer waren nur neugierig, grüßten freundlich und fragten manchmal ob wir Fisch kaufen wollen.
Der hochgezogene Bug trotzt gegen die Altlantikwelle
Auf dem Weg dorthin machten wir uns über Wikipedia über Tanger und Marokko kundig. Mich interessierte die Kleidervorschrift für mich als Frau. Ich las einen interessanten Reisebericht von einer Schweizerin, die vor 2 Jahren Marokko alleine bereist hat. Ich war beruhigt, es wird toleriert, dass Touristinnen kein Kopftuch tragen, lange Hose und langes T-Shirt sind bei den kühlen Temperaturen sowieso angesagt und zur Sicherheit zog ich mir ein Halstuch an.
Boih! Tanger hat eine Marina. Das klang ja so
vielversprechend, dass wir uns recht darauf freuten. Die Realität sah aber dann
doch sehr ‚afrikanisch‘ aus. Man nehme eine alte Hafenmole, installieren 4
Strom-Wasser Boxen mit je 2 Stromanschlüssen, verlege die Leitungen frei über
die Mole zu einem provisorischen Schaltanschluss, der in einem fernen
Jahrhundert vielleicht mal isoliert wird und nenne das „Marina“ . Fehlt noch
die Preisliste…und fertig! Die bekamen wir aber nie zu Gesicht – Drucker leider
defekt. Aber das, was wir für 30€ pro Nacht geboten bekamen, war es allemal
wert - einzigartig! Es gab nur ein paar alte Poller zum Festmachen , die Mole
war eine unfertige Baustelle, Sanitäranlagen gab es nicht! – (zum Glück gehörte
zum Fähranleger nebenan ein Toiletten- container mit Dauerputzfrau für die
Fahrgäste, und, da wir noch im abgetrennten Hafenbereich waren -siehe Baustelle
– kamen wir an diese Toiletten heran. OK, Papier musste man sich selbst
besorgen, aber die Klos waren halbwegs sauber. Das Duschen durften wir uns frühzeitig
abgewöhnen, was vorteilhaft für den Rest unserer Marokkoerfahrung wurde.
Die Ankunft war mit einem herzlichen Empfang
verbunden: ein Marinero mit 15 Worten Englisch führte die Polizisten und die Zollbeamten
heran. Solange durften wir uns nicht bewegen. Man überzeugte sich aber schnell,
dass keine Terroristen an Bord waren, nahm unsere Schiffspapiere und Pässe und ließ
uns erst mal in Ruhe ankommen. Ich musste sofort mit unseren Papieren hinterher
rennen – das waren unsere Originale!, lernte aber schnell, dass die Bürokratie
im Königreich nach preußischem Vorbild aufgezogen war!
In Tanger wurden wir vom Hafenmeister sehr freundlich begrüßt, doch das Schiff durften wir erst verlassen, nachdem die Polizei und der Zollbeamte sich vergewissert hatten, dass wir keine Waffen, Drogen oder Drohnen an Bord hatten. Im Büro des Zollbeamten wurde ich direkt in meine Schranken verwiesen. Hartmut wollte mich dabei haben, da in Marokko die Amtssprache französisch ist. Doch ich wurde komplett ignoriert, die zwei Stühle wurden den Männern angeboten, als Maat mir den Stuhl anbot und ich mich auch setzte, war ich bei dem Polizisten unten durch. Er behielt das Original des Flaggenzertifikats und meinte, wir würden es bei der Abreise wieder bekommen. Als ich anmerkte, dass wir gerne am Sonntag weiterreisen wollen, da wir auf die Wetterlage achten müssen, meinte er, am Sonntag arbeite er nicht. Ich habe sehr schnell gemerkt, dass es unter seiner Würde war, sich mit einer Frau auseinandersetzen zu müssen, wenn der Mann daneben steht, aber da war der Keks schon gegessen. Er kam uns keinen Deut mehr entgegen und wir mussten Montagmorgen fahren, nach Öffnung des Büros. Sprachbarriere hin oder her, ab diesem Zeitpunkt war klar, dass Hartmut sich alleine mit den Customers auseinandersetzen musste und ich hatte mich als Frau dezent zurückzuhalten.
Die erste Hürde war geschafft! Kaum traten wir aus dem Hafen, wurden wir überfallartig von den Taxifahrern belagert um uns in die Altstadt zu bringen. Doch durch Googlemaps wussten wir, dass sie nur 500 m entfernt liegt. Kaum hatten wir die Taxifahrer abgewimmelt, boten uns an jeder Ecke die falschen Führer, vor denen uns die Schweizerin schon gewarnt hat, ihre Dienste an. Freundlich aber bestimmt lehnten wir ab und gelangten schon bald zur Medina. Schon auf dem Weg dorthin taucht man in eine andere Welt ein, die meisten Menschen waren konservativ gekleidet, ich bin als blonde Frau schon dreißig Jahre lang nicht mehr so oft angeschaut worden. Die bösen Blicke einiger älteren Männer haben mich anfangs etwas verunsichert, deren Blicke weicht man am besten aus und erfreut sich an den vielen freundlichen Fragen der jungen Leute: „Where do you come from?“ und das dann immer folgende: „Welcome!“. Ich hatte vorher gelesen, dass Mann und Frau sich in der Öffentlichkeit nicht berühren, also auch nicht Hand in Hand gehen und sich schon gar nicht küssen dürfen. Gut befreundete Männer sieht man dagegen häufiger Hand in Hand gehen, sie begrüßen sich auch mit Umarmung und zwei Wangenküssen, Frauen gibt man nur die Hand, wobei die Hand zuerst vom Mann ausgestreckt werden muss. Die jungen Marokkaner sind sehr kontaktfreudig und hilfsbereit und freuen sich, wenn sie ihr in der Schule gelerntes Englisch mal anwenden können, denn die meisten haben ihr Land noch nie verlassen, da es Konflikte mit den Nachbarländern Westsahara und Algerien gibt und nach Spanien oder Europa erhalten nur ausgewählte Leute ein Visum. Die Deutschen sind bei den Marokkanern besonders beliebt, viele haben irgendwo im gelobten Deutschland Verwandte leben, die ihre häufig sehr armen Familien in Marokko unterstützen. Das ist für Marokko ein eigener Wirtschaftszweig, kein Wunder, dass Marokko in Deutschland straffällig gewordene Marokkaner nicht mehr zurückkehren lassen.
Der Hafen von seiner schönsten Seite- weit weg!
Tor zur Medina mit ihrem Markt
Die Medina, die Altstadt mit ihren Märkten war ein besonderes Erlebnis. Welch bunte Vielfalt und Reichhaltigkeit, auch der Fischmarkt war beeindruckend! In Tanger habe ich kaum etwas gekauft, da ich erst mal schauen wollte. Sobald wir als Touristen erkannt wurden, und das ging ja bei mir schnell, stürzen die Händler auf einen zu und man hat nur die Chance schnell weiterzugehen. Sobald ich mich für eine Sache interessiert habe, bin ich ohne etwas gekauft zu haben nicht mehr weggekommen, natürlich nicht ohne vorher gehandelt zu haben. Es war schwierig von den Ständen Fotos zu machen, da sich die Marokkaner nicht gerne fotografieren lassen. Ich als Frau hatte gar keine Chance, Maat hat oft gefragt und durfte manchmal für einige Dirhams, der Landeswährung, ein Foto schießen. Da Hartmut nicht so weite Strecken laufen kann, bin ich auch in den noch folgenden Städten viel mit Maat unterwegs gewesen. Das gab mir ein beruhigendes Gefühl, man wird dann als Frau, natürlich bis auf die Händler, völlig in Ruhe gelassen. Aber wehe ich stand irgendwo alleine und schaute mich suchend um, ich wurde ich nach kurzer Zeit direkt angesprochen.
Kunstvoll dargebotenes Gemüse in der Medina Tangers
Ein besonders nettes Erlebnis hatte ich mit meinen Lieblingstelefonhandykartenverkäufer. Dieser nette junge Mann freute sich sein Englisch anwenden zu können und gab sich große Mühe mir eine marokkanische Handykarte in mein Tablet zu installieren, leider vergeblich, bis mir einfiel, dass das in Frankreich auch schon nicht geklappt hat. Also brachte ich ihm am nächsten Tag mein Handy, er erklärte mir alles geduldig, kaufte im Nachbarladen noch eine Internetflatrate für einen Monat, und das alles für 5 Euro! Trinkgeld durfte ich ihm nicht geben, das wird von einem Mann nicht angenommen. Doch Hartmut hat sich am nächsten Tag auch helfen lassen und durfte dann Trinkgeld geben, wichtig, mit der reinen, der rechten Hand.
Die eigentliche Marina ist in Tanger noch nicht fertig, sie wird riesig, aber das wird noch dauern. Wir lagen im Fischereihafen an der Mole neben einem hässlichen Betonplatz voller Möwen. Ein Lautsprecher dröhnte alle 10 Minuten rund um die Uhr ein Möwengeschrei wie im Todeskampf, das sollte die Möwen vertreiben. Das hat aber leider nichts genutzt und nachts war der Lärm einfach nur nervig. Zum Sonnenaufgang tönten dann noch die Muezzine, die sich aus der Ferne wie ein Motorradrennen anhören. Duschen gab es nicht, es war uns unklar für welchen Service wir 30 Euro pro Nacht zu zahlen hatten.
Die wenig ansprechende Mole von Tanger
Wir wurden schon von anderen Seglern gewarnt,
doch derart schlimm hatten wir uns das nicht vorgestellt: Der Hafen war
komplett verölt, wegen der Tide mussten wir die Leinen sehr lang lassen, so
dass sie im Wasser hingen. Die waren völlig verschmiert und schwarz. Die ganze
Bordwand und die Fender waren auch schwarz. War das eine Sauerrei!
Am Vortag unserer Abreise versuchten wir schon mal Fender und Bordwand zu reinigen und steckten die Fender in große Müllsacke, doch das hat nicht viel gebracht. Am nächsten Tag hatten sie sich durchgescheuert und mussten dann auch noch verstaut werden.
Am Vortag unserer Abreise versuchten wir schon mal Fender und Bordwand zu reinigen und steckten die Fender in große Müllsacke, doch das hat nicht viel gebracht. Am nächsten Tag hatten sie sich durchgescheuert und mussten dann auch noch verstaut werden.
Fender und Bordwand wurden schwarz vom öligen Wasser
Fahrt nach Mohammedia
Die Abfahrt war gar nicht so leicht. Wir berechnen unsere
durchschnittliche Fahrzeit, abhängig vom zu erwartenden Wind und der Strecke,
und bestimmen damit die Abfahrtszeit, um noch im Tageslicht in dem fremden
Hafen anzukommen. Nachts in unbekanntes Gebiet, ohne Sicht auf die großen Netze,
eventuell noch mit Starkwind…..nicht gut. Unsere Zeit wäre Samstagabend
gewesen, 250 NM standen uns bevor, aber der Custom-Obrist machte uns auf sein
Wochenende aufmerksam, Samstag würde er nicht arbeiten, Sonntag natürlich auch
nicht und Montag erst ab 9.30 Uhr !!!!! Er hat unsere Pässe und damit das
Sagen! – wir wollten nicht noch einmal so ausgeliefert sein!!! Aber in diesen
sauren Apfel mussten wir erst einmal beißen.
Da uns wie
oben geschrieben der Zollbeamte erst um 9.30 Uhr auslaufen ließ und wir noch
die Fender säubern mussten bevor man sie an Bord legen konnte, sind wir erst um
10.30 Uhr weggekommen und mussten befürchten am Folgetag erst im dunkeln in
Mohammedia anzukommen, was wir eigentlich vermeiden wollten. Wir begegneten wie
erwartet vielen Fischerbooten und haben aufgepasst wie die Luchse, kein Fischernetz
zu übersehen. Tagsüber ging das alles noch sehr gut, doch nachts war es
manchmal aufregend. Jetzt waren wir so stolz die AIS-Daten auch im Plotter zu
haben, doch auch größere Fischerboote Marokkos haben alle kein AIS und sie
antworteten auch nicht auf Funkanfragen. Sie fischen mit hellem Licht,
Positionslichter sind nicht zu erkennen, somit sieht man auch nicht in welche
Richtung sie fahren und wo das Fischernetz sich befindet. Wenn sie einen sehen
blinken sie dich mit heller Lampe an und ein Ausweichmanöver unter Segeln ist
immer nervenaufreibend. Mit Maat als dritte Person an Bord war die Nachtwache
wesentlich angenehmer. Es blieb allein wegen der Kälte immer nur einer im
Cockpit, einer lag sozusagen Standby schlummernd im Salon und der dritte konnte
drei Stunden kuschelig schlafen.
Herrliches Segeln am ersten Tag
Sonnenaufgang - immer wieder Welturaufführung (s.C.M.Schulz)
Am Folgetag,
wir starteten den Motor um die Batterien aufzuladen, bekamen wir wieder einen
Riesenschreck: es qualmte erneut aus dem Motorraum! Zum Glück gab Hartmut
Entwarnung, es sein nur etwas Öl ausgetreten das auf dem heißen Motorblock
verdampft ist. Wind und Welle nahmen
ständig zu, wir kamen gut voran und hofften vielleicht doch noch im hellen
anzukommen. Es dunkelt schon wieder – Wind nimmt weiter ab, der
hohe Schwell bleibt – nervt unsere erschöpften Gemüter – wir wollen mal ankommen.
Es ist anstrengender als weiter draußen – so viel Verkehr, Flachs, Tonnen,
Riffe zu beachten. Da bleibt keine Zeit zur Entspannung. Hoffentlich sind wir
bald drin – Ende wäre gut!
Doch dann wurde es 20.00 Uhr, es ankerten einige Schiffe vor der Einfahrt, die
Positionslichter blenden einen sehr und die Einfahrt war sehr schlecht
befeuert, wir waren mal wieder heilfroh einen funktionierenden Plotter zu
haben. Man fährt auf eine dunkle Wand zu und nur der Plotter sagt einem, dass
gleich ein Durchlass kommt, einfach unheimlich. Mit Windstärke 7 von hinten und
Welle, die einen schiebt hätte man wenig
Möglichkeit mal eben abzubremsen. Es ist dann ein tolles Gefühl in die
Geborgenheit eines Hafens zu kommen.
Der Hafen hat so viele Lichter , mit allen Farben – geht meilenweit ins Meer. Orientierung sehr schwierig, selbst jetzt bei einbrechender Nacht. Der Plotter mutiert wieder zu einem navigatorischen Segensengel. Das Ufer, die Molen, sind dunkel – wir fahren drauf zu, in ein schwarzes Loch, erkennen Struktur erst
Ich merke: Wenn ich auf ein Ziel, ein Ende fixiert bin,
wird jede Änderung/ und Weiterfahrt zur Qual
Mohammedia
Die Fischerboote liegen schon dicht an dicht, da passen wir nirgendwo zwischen
Rechts außen durften wir an Dunia festmachen, eine deutsche Crew mit drei kleinen Kindern
Jetzt haben wir Zeit, den Grund für das Desaster
herauszufinden. Vor zwei Tagen ist ein Sturm mit hohen Wellen aus Nord in den
Hafen geschwappt und hat die Stege aus ihren Verankerungen gerissen. Ich hab
solch eine Befestigung für Schwimmstege noch nie gesehen. Selbst im gesicherten
Ijsselmeer sind die Haltesäulen (Poller) aus 50cm Rundstahl 3m in den Grund
gerammt und das alle10 Meter. Die Schwimmstege können dann daran mit der Tide
hoch und runter rutschen. Die Schiffe werden mit dem Heck (meistens) am Steg
angebunden und mit bereitliegenden (Muring-)Leinen mit ihrem Bug an
Betonankern, die etwa 40m neben dem Steg ausgelegt sind, festgelascht, halten
also zwischen den Ankern und dem Steg. In Marokko hat dem Konstrukteur der
Anlage wohl nur ein schlechtes Foto zur Verfügung gestanden und die
Aufforderung: „mach mal, aber dalli!“
Die verbauten Poller mit ihrem Durchmesser von 15 cm können locker einen
Spargel beim Wachsen stützen und geben dem auch noch Raum zum Luftholen, da sie
20m auseinander stehen. Da kommt Freude auf – beim Spargel!!!
Diese Konstruktion soll 400 Tonnen Boote halten können?
Kann sie nicht! Es scheint aber selten Sturm aus Nord zu geben, sonst wäre das
Desaster schon öfter/früher aufgetreten. Also, die Poller sind der Reihe nach
ausgebrochen, werden vom Steg noch festgehalten (statt umgekehrt) und der Steg
hielt nur noch, da die Boote von beiden Seiten an ihren Muringleinen festhingen und damit
den Steg in seiner Position fixierten. Würde nun eine grössere Zahl von Booten
auf EINER Seite losmachen, ginge der ganze Steg zur anderen Seite auf Drift! Na
dann: Prost!!
Wir konnten am nächsten Tag auf einen Platz am Stegende der
anderen Seite verlegen. War besser. Und wir blieben 4 Tage in Mohammedia!
Unser Schiff wurde nicht vom windschiefen Poller gehalten sondern von der Muring des Nachbarschiffs
Die Stege wurden mit Landleinen fixiert
Die streichholzdünnen Poller wackeln wie Lemmerschwänze
Doch die
Erholung währte nicht lange. Der Hafenmeister der Marina knöpfte uns 46 Euro
pro Nacht ab, wir waren geplättet, aber wir wollten nicht meckern, waren wir
doch froh, einen Platz erhalten zu haben. Nach dem Procedere mit dem Zoll
kreuzte plötzlich der Verantwortliche des Berufsschifffahrtshafen auf und
wollte 75 Euro Strafe kassieren, weil wir uns nicht im Hafen über Kanal 10
angemeldet hatten. Da wurde es dem Hartmut zu bunt, er zeigte unser Buch, in
dem stand, dass die Marina über Kanal 9 zu erreichen sei. Außerdem hatten wir
mehrfach versucht uns telefonisch anzumelden. Hartmut war zwei Stunden lang
weg, wir dachten schon, dass sie ihn verhaftet hatten. Mit Verhandlungsgeschick
aber auch Wut im Bauch gelang es Hartmut die Strafe abzuwenden. Wegen des
Wetters mussten wir drei Nächte bleiben, das war teuer genug.
Also, ich wusste nicht, wie gut ich vorbereitet war. Ich wusste nur, ich muss meine Rolle perfekt durchspielen, sonst sitze ich in Teufels Küche.
Also, ich wusste nicht, wie gut ich vorbereitet war. Ich wusste nur, ich muss meine Rolle perfekt durchspielen, sonst sitze ich in Teufels Küche.
Nicht einfach, seine Autorität zu akzeptieren, sich selbst
aber unbedingt in Augenhöhe zu halten. Es war mir bewusst, dass ich auf andere
Art nicht „Nein“ zu seinen Forderungen sagen kann. Und meine Behauptungen, auch
die Gelogenen, mussten als Tatsachen in den Raum gestellt werden. Als ICH ihm
am Ende die Hand reichte, liess ich ihm keine Wahl – und meine Freundlichkeit
war entwaffnend! Boih – kann ich falsch sein!! Häh…?
Somit war unsere Laune nicht zum Besten gestellt als wir nach Mohammedia mit dem Taxi fuhren. Unsere Bootsnachbarin warnte uns schon, dass wir nicht mehr als 10-15 Dirham für das Taxi zahlen sollten, das sind 1,00-1,50 Euro. Sie hatte bei der ersten Taxifahrt 100 Dirham bezahlt.
Als wir
durch die Medina, dem Markt, schlenderten, sprach uns jemand auf deutsch an.
Wir lernten Nadia und Klaus kennen.
Klaus, ein pensionierter Feuerwehrmann,
lebt seit 11 Jahren mit der Marokkanerin Nadia und ihren Töchtern in
Mohammedia. Sie waren unglaublich nett, zeigten uns ihre Wohnung, und da wir
auch am Haus der Mutter vorbei fuhren, wurden wir zum marokkanischen Tee mit
Gebäck eingeladen! Das ganze Haus wurde uns gezeigt, diese Gastfreundschaft war
umwerfend.
Wir erfuhren von dem großen Familenzusammenhalt Marokkos, nach dem
Tod von Nadias Vater, ein selbständiger Schuster, war Nadias Mutter mittellos.
Außer Staatsbedienstete, die eine kleine Rente erhalten, gibt es kein
Rentensystem in Marokko. Die Mutter hat absolut keine Bargeld- einnahmen,
sondern lebt von dem Geld der Töchter und Söhne und deren Ehepartner. In
Mohammedia fiel mir auch auf, dass es viel mehr Marokkanerinnen ohne Kopftuch gab, auch Nadia ist eine freie
Muslimin, wie sie sagt. Wir konnten weitere viele Fragen stellen, die Nadia und
Klaus gerne beantworteten, das war spannend.
Altstadt Mohammedias
Wir lernen Nadia und Klaus kennen
Empfangsraum für Gäste
Marokkanischer Tee mit Datteln und Gebäck
Nadias Mutter empfängt uns herzlich
Klaus mit Stieftochter Kinza, Nadia mit ihrer Nichte
Casablanca
Am nächsten Tag sind wir mit dem Zug nach Casablanca gefahren, Hartmut konnte problemlos sein Fahrrad mitnehmen. Die riesige, am Meer gelegene Hassan II. Moschee konnten wir sogar mit Führung besichtigen. Sie ist eine der größten Moschee der Welt. Sie wurde anlässlich des 60. Geburtstags des damaligen Königs Hassan II. erbaut und 1993 fertiggestellt. 2500 Arbeiter und 10.000 Handwerker arbeiteten sechs Jahre lang und kostete horrende 600 Millionen Euro.
Die Hassan -II. Moschee ist ständig Wind und Wellen ausgesetzt
Säulengänge und Gärten in den Seitengebäuden
Riesiger Gebetsplatz
Das Minarett ist mit 210 Metern Höhe das derzeit höchste der Welt
Gebetsraum der Männer
Das Dach kann automatisch geöffnet werden.
Gigantische Türen aus rostfreiem Edelstahl
Auf dem Weg
zur Medina kamen wir an sehr armen Vierteln vorbei voller Dreck und Müll. Die
Medina mit den verwinkelten Gässchen ist dann wieder umwerfend, unsere Einkäufe
mit hartnäckigem Handeln verlaufen schon geübter, den Tee dürfen wir kostenlos
trinken. Am schwierigsten ist es, den Weg wieder herauszufinden, fragt man
jemanden, dann wird man den sofort selbst ernannten Guide nicht mehr wieder
los. Zum Glück hilft zur Not das GPS des Handys. Auch hier war ich wieder froh
als Frau nicht alleine unterwegs zu sein. Ist schon komisch ständig gemustert
zu werden. Am lustigsten ist es gewesen, wenn ich mir wegen der
Temperaturunterschiede meinen Pullover ausgezogen habe – schwupp drehten sich
alle Köpfe.
Durch die Altstadt von Casablanca
Marktstand
Ärmeres Wohnviertel von Casablanca
Alte Erinnerungen werden wach - jahrelang sind wir R4 gefahren
Auf unserer
Reise treffen wir gerade in dieser Jahreszeit Skipper, die auf ihrem Schiff
leben und über Facebook Mitreisende suchen, die sich an den Reisekosten
beteiligen. Wir haben schon in Gibraltar einige Backpacker getroffen, die aber
erstaunlicherweise keine Segelerfahrung haben und mal das Abenteuer Segeln
erleben wollen. Wir sind auch gefragt worden, aber einen Unerfahrenen an Bord
zu haben ist eher eine Belastung als eine Erleichterung. In Mohammedia treffen
wir einen Polen, der schon seit 10 Jahren immer mit Gästen segelt. Seine 35er
First war mit 8 Personen, davon 6 Anfängern, nach Agadir unterwegs, als sein
Motor Öl verlor und er gegen den Wind ankreuzen musste um nach Mohammedia
zurückzukehren. Er war völlig fertig und wusste nicht, wie er den Motor in
Marokko reparieren sollte, zumal er in einer Woche die nächsten Gäste in
Lanzarote aufnehmen wollte. Er tat uns sehr leid, nicht ahnend was uns noch
passieren sollte.
Die Mutter
von Nadia wollte uns zum Kouskous-Essen einladen, schade, wir wären gerne
geblieben, doch am nächsten Tag ging es
weiter. Auch hier hat es wieder gedauert, bis der Zoll uns hat auslaufen
lassen, sie bleiben immer so lange am Schiff stehen bis man ablegt, wohl auch,
damit man keinen Flüchtling mitnimmt.
Fahrt von Mohammedia nach Agadir
Die Fahrt von Mohammedia nach Agadir war bisher unser längster Schlag von 270 Meilen. Wir rechneten mit 3 Tagen und 2 Nächten Fahrt. Die ersten zwei Tage hatten wir eine schöne Fahrt, nur einmal war mein Schreck groß als ich über ein Fischernetz fuhr. Ich sah links und rechts die Kette mit roten und weißen kleinen Bojen und dachte: So, jetzt ist es passiert, gleich bleiben wir hängen! Aber, wir blieben nicht hängen, irgendwie ist unser Kimmkieler mit nur 1,16 m Tiefgang da drüber geschlubbt. Mein Herz, das mir in die Hose gerutscht war, konnte wieder nach oben krabbeln.
Dann kam
wieder viel Wind, 6-7 mit hoher Welle von 4-5 m auf. Für die ersten beiden
Abende hatte ich vorgekocht, doch für den dritten Abend musste ich länger in
die Kombüse, das war eine Herausforderung! Sobald man etwas im Kühlschrank
entnimmt, purzelt der Rest durcheinander, jeder Handgriff muss gut überlegt
sein. Mein Magen drohte ständig zu rebellieren, doch ich habe durchgehalten. Es
ist bei dem kalten Wetter dann eine Wohltat etwas heißes in den Magen zu
bekommen.
Die Wache mit dem Sonnenaufgang ist die beliebteste
Wir wussten vorher, dass wir in der Bucht von Agadir wenig Wind haben werden und kurz vor dem Kap starteten wir 30 Meilen vorher abends um 20.00 Uhr den Motor. Nach 30 Minuten qualmte es plötzlich wieder aus dem Motorraum! Motor aus – Motorcheck – Verdammt! Alles voller Öl! Hartmut füllte Öl nach und versuchte abzudichten, Maat und ich setzten die Segel. Doch der Wind war schwach, kam auch noch von vorne, der Schwell war noch hoch und es zog Nebel auf. Wir fuhren noch einige Meilen, doch aus der Ölwechselpumpe drückte sich unverändert das Öl durch und verspritzte den ganzen Motorraum, der 5 l Kanister Öl war schnell verbraucht. Manövrierunfähig im Nebel zu treiben war keine Freude, wir tröteten und blinkten die rausfahrenden Fischerboote mit der Taschenlampe an. Es war in dieser Phase eine große Erleichterung zu dritt zu sein, unser Rhythmus für die Nachtwache war durchbrochen, durch den Stress dachte keiner mehr ans schlafen, dennoch erschöpft es einen. Irgendwann übermannt einen der Schlaf, jeder konnte sich einmal zurückziehen und zwei blieben im Cockpit.
In der Bucht
von Agadir wurde das Meer ruhiger, der Wind schlief komplett ein und sollte
laut Wetterbericht nicht mehr kommen. Über Kanal 16 haben wir niemanden
erreicht, zum Gluck funktionierten unsere Handys. Wir waren müde und mürbe und
ließen uns die letzten 7 Meilen in den Hafen von Agadir schleppen.
Schon am gleichen Nachmittag kam ein Handwerker, der einen Kolbenringschaden feststellte. Er klemmte die Ölablasspumpe ab, dichtete den Öldeckel ab und meinte mit geringer Drehzahl könnten wir den Motor laufen lassen. Für diese 2 Stunden Arbeit verlangte er 150 Euro und die geringe Drehzahl bezog sich nur auf den Leerlauf, mit eingelegtem Gang und erhöhtem Druck qualmte der Motor fürchterlich. Also wieder Abzocke, wir waren frustriert. Dieser Motor reicht nur noch für eine kurze Hafenein- und -ausfahrt. Bis nach Lanzarote sind es 220 Meilen, wir müssen also ein Zeitfenster für eine sichere Überfahrt finden. Es ist gar kein gutes Gefühl ohne Motor solch eine weite Fahrt zu machen.
Die letzten 7 Meilen im Schlepp
Agadir
Telefonisch versuchten wir mit den drei jungen Leuten, die uns mit einem privaten Schlauchboot in den Hafen schleppten, noch einen Preis auszuhandeln, doch die Sprachbarriere war zu groß. Am Ende wollten sie 500 Euro haben, auf 300 Euro hat Hartmut sie runter gehandelt, das Monatsgehalt eines Polizisten. Die Abzocke in Marokko ging uns allmählich auf die Nerven, klar sind wir für die Marokkaner als Schiffseigner Kapitalisten, aber dann das zehnfache des ortsüblichen Preises zu verlangen ist einfach nur ärgerlich.Schon am gleichen Nachmittag kam ein Handwerker, der einen Kolbenringschaden feststellte. Er klemmte die Ölablasspumpe ab, dichtete den Öldeckel ab und meinte mit geringer Drehzahl könnten wir den Motor laufen lassen. Für diese 2 Stunden Arbeit verlangte er 150 Euro und die geringe Drehzahl bezog sich nur auf den Leerlauf, mit eingelegtem Gang und erhöhtem Druck qualmte der Motor fürchterlich. Also wieder Abzocke, wir waren frustriert. Dieser Motor reicht nur noch für eine kurze Hafenein- und -ausfahrt. Bis nach Lanzarote sind es 220 Meilen, wir müssen also ein Zeitfenster für eine sichere Überfahrt finden. Es ist gar kein gutes Gefühl ohne Motor solch eine weite Fahrt zu machen.
Wir bleiben vom Pech verfolgt, haben aber in Krisensituationen immer wieder Glück.
Der Hafen von Agadir ist sehr schön, eine relativ neu gebaute Anlage. Dieser Ort ist touristisch und ganz anders als Tanger, der wesentlich konservativer war.
Der Hafen von Agadir, im Hintergrund der Berg mit den Schriftzeichen
"Gott - Staat - König"
"Gott - Staat - König" bei Nacht
Strand von Agadir
Das Erdbeben von Agadir im Februar 1960 war mit 15.000 Toten die schwerste Naturkatastrophe Marokkos. Die Hafenstadt wurde fast völlig zerstört. Südlich der zerstörten Altstadt, der Kasbah, wurde eine neue Stadt gebaut, die auch von den Marokkanern als Urlaubsort gerne genutzt wird. Am ersten Abend strahlte der Berg mit den Schriftzügen „ Allah – Staat – König“. Maat und ich sind am nächsten Tag hochgestiefelt, getrübt durch den am Wegrand liegenden Müll, belohnt mit einer grandiosen Aussicht.
Aussicht auf den Strand und die Marina Agadirs
Kameltreiber auf der Kasbah
Maat auf der Stadtmauer der Kasbah
Beim Abstieg nahm ich eine Abkürzung und kam am Zwischenlager der Plastikflaschen vorbei, fürchterlich.
Abseits des Weges ein Depot leerer Flaschen
Schöne Wohnhäuser in Strandnähe
Attraktionen für Kinder auf der Strandpromenade
Agadir ist auch ein beliebter Ferienort für die Marokkaner, die es sich leisten können
In Agadir hatte ich auch den teuersten Waschgang for ever. Normale Waschsalons, in denen man selber die Waschmaschinen bedienen kann, gab es nicht, sondern nur Reinigungen. Ich habe auch hier versäumt, einen Preis auszuhandeln. Am Ende haben sie uns jedes Wäschestück berechnet und wollten 65.- Euro haben. Ich hatte gar nicht so viel Geld dabei und habe gehandelt, aber 46 Euro für einen Waschgang war ein stolzer Preis.
Zwischendurch erhalten erhalten wir aber auch eine frohe Botschaft! Marek und Silvia, die von zu Hause unsere Reise weiterhin verfolgen und uns mit Rat und Tat zur Seite stehen sind seit Barcelona zu dritt unterwegs. Als sogenannte Zeugungszeugen gratulieren wir den beiden ganz herzlich und freuen uns sehr für sie und ihren neuen Lebensabschnitt. Noch einen Grund mehr sie in London besuchen zu kommen.
Eine freudige Nachricht, frische und wie man sieht auch kalte Luft senden uns Marek und Silvia aus England
Wir liehen uns für zwei Tage ein Auto und fuhren ins Inland, besuchten Taroudant, eine Stadt mit einer riesigen Stadtmauer und fuhren ins Atlasgebirge.
Stadtmauer von Taroudant
In den Orten kann man sehr günstig in einem Tontopf gekochte Mahlzeiten essen. Wir wurden wie Ehrengäste in dem kleinen Restaurant behandelt.
Die Garküchen Marokkos
Auf dem Weg zum Atlas Gebirge
Blick vom Fuße des Atlas Gebirges
Typische Bauweise Marokkos, immer unten eine Garage mit einem Gewerbe
Es war mal wieder eine Herausforderung den richtigen Ausgang zu finden
Hier gab es alles zu kaufen
Auch Möbel
Es war sehr selten, dass man die Erlaubnis für ein Foto bekam
Auch im Supermarkt gab es eine tolle Auswahl an Gewürzen
Wir waren
frustriert, warum musste der Motor ausgerechnet im fernen Marokko verrecken?
Unser defekter Motor führt uns durch mein Wechselbad der Gefühle. Lässt sich
der Motor reparieren? Brauchen wir einen Austauschmotor? Wie kommen wir an
Ersatzteile? Können wir es wagen ohne Motor über den Atlantik 220 Meilen zu
segeln? Freunde in Deutschland und Marek in England machen sich auf die Suche
nach Ersatzteilen oder einem gebrauchten Motor. Doch gebrauchte Motoren sind im
Schiffsbereich selten.
Protokoll
28.1.2018 Reparatur Agadir: teuerstes Nixtun (aber im
Nachhinein: Richtigste Diagnose), 2Stunden=150.-€, plus Taucher Vermittlung (5Minuten
bei uns gucken und Speedo- Impeller gängig machen – der war sowieso im
Wasser)=50.-€. Das hätten wir in Deutschland nicht bezahlt!!! Und das, nachdem
wir gerade 300.-€ für das Schleppen löhnen mussten!
31.1.2018 Probelauf. Schwerfälliger Start, weißer Qualm
wird von schwarz abgelöst. Nach 30 Sek. alles bei 1200 U/Min OK. Motor sauber.
Nach 5 Min RW eingelegt, 1600 U/Min erst weiß, dann schwarz, dann OK. Nach 5 Min
Temp plötzlich auf 120 = Stopp. 0,2l Öl und 2,5l Wasser fehlen!.
1.2.2018, 13.00 Uhr: Klaus und Nadja haben im großen Hafen
einen Spezialisten ausgemacht. Muss ein „Dieselflüsterer“ sein!!! Guckt sich
die Maschine an.
2.2.2018, 10.00 Uhr. Ibrahim repariert den Motor. Wir
machen zusammen Tests, neue Dichtungen, alles sauber, Thermoventil defekt =
Klaus geht mit den Frauen Ersatz kaufen (3h!). 18.00 Uhr = Testlauf OK. Da
kommt Freude auf – unser Dieselflüsterer macht das Geschäft seines Lebens, wird
von der Marina sofort als Reparateur Nr. 1 benannt!!!
Seine Aussage: Motor in Ordnung!!!!!
Wahrheit? Siehe Start 2.!!!
Unsere
Hoffnung waren jetzt noch Nadia und Klaus, die in Agadir angekommen waren. Sie
haben sich unser Problem mit ganzem Herzen angenommen. Kurzerhand wurden die
beiden Hartmuts zu Klaus Brüdern, die dringend Hilfe brauchen. Und Marokkaner
helfen sich innerhalb der Familie. Nadia hat über den Officer den besten
Handwerker empfohlen bekommen, den „Dieselflüsterer“ zwischen Casablanca und
Agadir.
Er meinte, es sei kein Kolbenringeschaden sondern ein defektes Ventil des inneren Kühlkreislaufs, das schwer zu kaufen war. Wir klapperten alle Geschäfte Agadir ab und wurden durch Nadias Charme und Hartnäckigkeit in einem Gebrauchtwarenmarkt fündig. Dort wurde das Ventil noch passend geschliffen.
Hartmut und Ibrahim schnitten Dichtungen neu zurecht, nach Einbau aller Teile
lief der Motor wieder und verlor auch kein Öl mehr! Allerdings hörte sich der
Motor anders an und er qualmte auch mehr als vorher, doch wir waren
überglücklich wenigstens einen halb funktionierenden Motor zu haben. Und das
Salär war auch anständig, Ibrahim verlangte 60 Euro für einen Tag Arbeit, wir
gaben ihm 100.
Ibrahim unser Dieselflüsterer
Er meinte, es sei kein Kolbenringeschaden sondern ein defektes Ventil des inneren Kühlkreislaufs, das schwer zu kaufen war. Wir klapperten alle Geschäfte Agadir ab und wurden durch Nadias Charme und Hartnäckigkeit in einem Gebrauchtwarenmarkt fündig. Dort wurde das Ventil noch passend geschliffen.
Das ausgetauschte Thermoventil (oben defekt, unten gebraucht aber ok)
Nadia
wünschte sich eine Fahrt mit dem Boot, wir checkten so den Motor und segelten
etwas.
Wir waren unendlich dankbar über Nadias und Klaus Hilfe!
Selfie bei der ersten Probefahrt
So, jetzt
mussten nur noch die Winde stimmen. Unser Maat hatte seine Reise für drei
Wochen angesetzt, der Monat Januar neigte sich dem Ende, Hartmaats Arbeit für
die Wohnungsgenossenschaft wartete, er vermisste seine Familie und insbesondere
die Enkelkinder. Doch Maat wollte uns nicht im Stich lassen und harrte aus und
schaute täglich mit uns das Wetter an.
Wetterbild von der anschaulichen App Windy
Währenddessen haben wir über das Netz im Freundeskreis um Hilfe
gebeten. Das klappt!!! Johannes, Marek, Arndt und andere schauen nach Service, Teilen und
ganzen Motoren, schaffen Kontakte und Verbindungen zu Wissenden. Dazu kommt der
erfahrene Kreis der „Moody Owners Assoziation“, sowie der „TransOcean“
Verbindung, die Hilfen in aller Welt mit ihren Stützpunkten bietet (nur leider
nicht in Marokko). Aber schwer wird es doch: unser Motor wird seit 10 Jahren
nicht mehr gebaut, und Moody Eigner haben andere Maschinen eingebaut. Eine
Reparatur ist zwar möglich, man hat dann aber immer noch eine alte Maschine und
wartet auf den nächsten Defekt. Da ist was dran.
Wir finden eine Werkstatt in Agadir, die die Reparatur
durchführen würde. Aber die Beschaffung der Teile ist uns überlassen. =
problematisch!
Über die TO bekommen wir Kontakt zu Werkstätten auf den
Kanaren, und entschließen uns, uns in die Hände europäischer/deutsch
sprechender Spezialisten zu begeben. Also, ab nach Lanzarote. Dort erwartet uns
Henning mit seiner Firma!
Klaus und Nadia zeigten uns ihr neu erstandenes Haus, das sie renovieren und an Touristen und Freunde vermieten wollen.
Ein verwinkeltes Haus mit zwei Geschossen
Sonniger Balkon
Kühler Innenhof
So ganz trauten wir dem Motor nicht und waren froh, dass uns die beiden sehr netten Holländer Ivar und Floris mit Lucipara anboten, uns zur Not Schlepphilfe zu geben. Ivar und Floris berichten über ihre Segelreise um die Welt auf der Suche nachhaltigen Lösungen für die Menschheit und ihren Planeten (www.sailorsforsustainability.nl)
Floris und Ivar mit Lucipara 2
Sailors for Sustainability
Agadir, eine tolle Zoll-Verbindung
Die Auseinandersetzung mit dem Zoll hörte nicht auf ,
nicht, solange wir uns in Marokko befanden. 1.Abflug: Dienstag, 4.2.2018. Wir
wollen morgens los, so mit einer befreundeten Crew. Custom hat die Pässe, kommt
um 8, stempelte die Ausweise und ein ominöses blaues Blatt und ab geht’s? Nein!
Zu meinem Geburtstag schenkt uns mein Pate „Neptun“ (bin ja Wassermann) seinen
Gruß mit viel Wind. Zu viel Wind für uns – wir können ja nicht die Wellen mit
Motorunterstützung abwettern! – wir begreifen: ohne Opfer geht diese Tour nicht über die
Bühne! Wir beschließen, abzubrechen und sagen unseren Freunden auf ihrem 4 m
längerem, und 10 Tonnen schwererem Boot ‚Sorry,
and good by'. Also zurück -und im Hafen dieselbe Anmeldeprozedur!
So konnten wir Hartmuts Geburtstag an Land verbringen und fuhren mit dem Taxi zur neuen Medina de Coco Polizzi mit wunderschönem Kunsthandwerk. Da wir ja eigentlich am heutigen Tag fahren wollten, hatten wir leider kein Geld mehr.
Kunstvolles Theater
Geschnitzte Türen und Fenster
Neues Gemäuer auf alt gemacht
Happy birthday to you!
Bequemer Sessel aus einer Baumwurzel
Agadir, eine tolle Zoll-Verbindung
2.Abflug:5.2.2018. Wir haben da noch ein amerikanisches Pärchen
kennengelernt. Zwei nette Jung's mit einem Adoptivsohn, indisch, 11 Jahre alt.
Auch mit diesen wollen wir gemeinsam segeln – kommt uns einfach sicherer vor,
wenn man miteinander in Kontakt ist. Nur, wir müssen wieder den Zoll ü-ü-überwinden.
Diesmal ist Wochentag, tagsüber, früh
genug! Aber plötzlich: uns wird gesagt, der Zollbeamte sei jetzt umgezogen,
seine Dienststelle sei jetzt im Gebäude des Hafenamtes, am anderen Ende des
Hafengebietes, ganz einfach mit einem Taxi erreichbar! Der Ami und ich finden
ein Fahrzeug, trampen also wie in alten Zeiten die paar Kilometer zum Amt. Aber
da weiss man schon überhaupt NIX! Wir werden von Stelle zu Abteilung, zur
Polizei, zu Grenzern….geschickt. Irgendwann hab ich für diese Odyssee keinen
Nerv mehr, erkundige mich nach dem Oberboss des Ganzen und gehe einfach in sein
Zimmer, vorbei an bewaffneten Wächtern und giftenden Sekretärinnen, überfalle
diesen mit der Frage, ob überhaupt jemand wisse, wer für die Marina zuständig
sei und ernte gehobene Unwissenheit! Immerhin gibt der Boss sofort diverse
Befehle, die diverse Mitarbeiter in diverse Richtungen auseinander treibt. Geht
sich gut an! Plötzlich taucht neben mir unser Zollmeister auf, der immer in der
Marina vorbei kommt und sagt strahlend, die blauen Zettel in der Hand, dass
alles klar sei! In 10 Minuten sei er bei den Booten. Puh…das hat das Theater um
Tage abgekürzt! Ergebnis: wir fahren raus, siehe unten, wir drehen
wieder um. 15.30 Uhr! Alles von
vorne…!!!? Um 20.30 Uhr bekommt Hartmut einen Weltuntergangs-Durchfall, der ihn
4Tage VÖLLIG aus der Bahn haut! (wenn
uns das unterwegs passiert wäre…..?)
Wir fuhren am Folgetag gemeinsam mit einem amerikanischen Katamaran los. Wir wollten um 10.00 Uhr losfahren, um genug Wind zu haben um aus der Bucht von Agadir rauszukommen, wir hatten ein Zeitfenster von 50 Stunden, dann sollte vor Lanzarote erneut ein Sturm aufziehen. Doch – so einfach kamen wir nicht los! Stimmt, wir müssen ja noch zum Zoll! Die Zuständigkeiten beim Zoll waren mal wieder völlig unklar, Hartmut wurde von einem Büro zum anderen geschickt, so kamen wir drei Stunden später los, ärgerlich! Draußen hatten wir nicht den erwarteten halben Wind sondern mussten bei 6-7 Windstärken einen Amwindkurs fahren. Leider konnten wir den Kurs nach Lanzarote nicht halten und hatten mit unserem Kimmkieler solch eine starke Wind- und Wellenabdrift, dass wir nach 8 Meilen schon einen Kursversatz von 2 Meilen hatten. Mit diesem Tempo konnten wir nicht sicher den Hafen Lanzarotes vor Ankunft des nächsten Sturmtiefs erreichen. Schweren Herzens verabschiedeten wir uns von den Amerikanern und kehrten wieder um.
Schade auch für Maat, der gerne mit uns zu den Kanaren gesegelt wäre. Er buchte direkt für den nächsten Tag einen Flug. Wir hatten trotz aller Probleme eine schöne Zeit miteinander und haben ihn schweren Herzens verabschiedet.
Wir winken zum Abschied unserem Maat
Im Hafen lag
auch noch Bruce, ein Engländer, mit seiner 33 Fuß langen Scaramouche B. Er hatte
sich schon gewundert, dass wir bei diesen Bedingungen losgefahren sind. Er
wartete auch auf bessere Bedingungen und wir verabredeten gemeinsam zu fahren.
Das hieß also wieder weitere Tage zu warten.
Bruce mit Scaramouche B
Also, als Hartmaat weg war, waren wir ja nur noch zwei! Da juckte es mich doch sehr: sollen wir uns
nicht ein Moped leihen? Gibt's bestimmt hier. Ja, wir fanden tatsächlich einen
Motorradverleih – für Enduros. So richtig dicke zum Wüstenwandern. Nix für uns –
wollen ja nur ein bisschen Spaß für wenig Geld. Und der Verleiher hatte Bekannte
mit Roller, 125ccm. Genau! Zeigte mir Bilder im Handy. Weißer Maxi-Roller,
und nur 45€ / Tag bei 2 Tagen!!! Jetzt verstand ich, warum die sich alle früher
zum Schutz vor Piraten einmauerten! Na gut – nur einmal, zum Spaß. Am nächsten
Morgen um 9.30 Uhr Übergabe am Hafen, mit Helmen. Ich am Morgen schon beim Frühstück nervös.
Ute: „mach mal langsam, der kommt schon (der Besitzer vom Roller?). Hat
vielleicht auch so ein ausländisches Zeit Verständnis!“ – Trost ist anders. Da,
da sehe ich die Maschine ankommen - stürze vom Steg raus auf den Kai – nicht das
der vorbei fährt, weil er mich nicht sieht – da, er sieht mich winken und hält
an! Ich schlage ihm kumpelhaft auf die Schulter „toll, dass du mich gefunden
hast“ – spricht natürlich kein englisch! Also gestikulierend: „ insurance
completto?“, halt, „lass mich schon mal drauf!“ – er macht Platz, versteht aber
immer noch nix, oder? Nickt und lächelt. So muss man mit Kunden umgehen. Gut! So,
machen wir mal einen Funktionscheck „gib'ste mal den Schlüssel für die
Zündung?“ – ein bisschen zögerlich, der Mann, aber nett. Ich sitze drauf,
Blinker links „ok?“, rechts „ok? Do you understand?“ yes. Tut
er. Klasse. „I make a short test drive – OK?“. Drehe den Bock schon mal um. Der Gute grinst immer
noch so verlegen. Aber nett! Ich lasse den Motor schon mal – mit gezogener
Bremse natürlich – etwas hoch drehen. Wrumm, wrumm. Geht doch. Da kommt der
Marinero durch die mittlerweile versammelte Menschenmenge auf mich zu und
flüstert mir in's Ohr: „sorry, that is the customs officer!!!“ Mann, war mir das peinlich! Aber, es war
eine weiße 125er Maschine! Kann ich was für die Verwechselung?
Der Zoll Offizier sprach gutes Englisch – und war der erste
hochrangige Soldat, der Spaß verstand!!! Manchmal hab ich ja doch Glück.
Der Roller kam mit afrikanischem Timing 20 Minuten danach.
Da waren alle – außer mir – noch am Lachen.
Das Moped hatte leider nur 16 Zoll Reifen, schlecht für nicht geteerten Straßen
Tifnit - ein abgelegenes Küstendorf, es sah von weitem schöner aus
Arganbäume für die Ölgewinnung
Der erste Fluss der Wasser führt im Paradise Valley
Und schon sieht die Natur auch grün aus
Am Honigstand kann ich nicht vorbeifahren
Für andere schöne Dinge wird langsam unser Schiff zu klein
Café mit herrlichem Ausblick
Die
Schönheit der Landschaft wird leider immer wieder durch den überall herumliegenden Mull getrübt. Es gibt dort, wo Menschen leben, auch auf den
Feldern, keinen Quadratmeter ohne Müll. Da haben die Marokkaner anscheinend ein
ganz anderes Verhältnis zu.
Müll in einem ausgetrocknetem Flussbett
Müll vor der Haustür
Ein Leckerchen für den Esel
Manchmal merke ich, dass wir in Randzonen der Medina und der Gesellschaft vorstoßen. Es ändert sich der Blick der Leute und die Stimmung gegenüber uns Ausländern spürbar. Da, wo die Touris nicht hinkommen, gelten noch andere Spielregeln. Wenn der Händler nur seinen Esel als Transportmittel hat, wenn sein Monatseinkommen 50 Euro kaum übersteigt, sieht sein Umfeld meist malerisch aus, ist es aber nicht mehr. Da machst du kein Tritt in seine Welt, schnell ein Foto und du trittst zurück in deine. Da stehst du irritiert mit einem „man müsste doch…“
Es ist auffällig und ich denke, jeder kennt das: „ je ärmer
eine Gesellschaft (oder ein Teil derselben) ist, um so dreckiger ist das Umfeld!“
Wo das Geld ist, wird geputzt! Fehlt es, wird jede Plastiktüte einfach fallen
gelassen, egal wo, egal wie oft.
Auch die
unsauberen sanitären Anlagen überall sind schwer zu ertragen. Hartmut und ich
wurden unvorsichtig und haben ein Eis am Stiel gegessen. Der folgende Magen-
und Darminfekt hat uns Kraft gekostet. In unserem schönen Hafen waren auch die
Toiletten und Duschen des Hafens völlig demoliert und verdreckt. Die Marineros
benutzten ihn als Aufenthaltsraum und die Soldaten, die eigentlich aufpassen
sollten, nutzten abends den Raum zum Aufwärmen und hockten auf dem Boden. Ich
hatte oft meine liebe Müh einmal duschen gehen zu können und habe irgendwann
einmal innerlich genervt aber nach außen freundlich und bestimmt die drei
Soldaten mit ihren Maschinenpistolen rausgeschmissen.
Eine Runde ekeln
Agadir, eine tolle Zoll-Verbindung
3.Abflug: 12.2.2018: Ein guter Segeltag. . Nach den
Sturmtagen wollen offenbar alle Ausländer das beruhigte Wetter nutzen und
aufbrechen, egal ob nach NE oder SW zu den Kanaren. Wir kündigen unseren Abschied an, Pässe sind
da, blaue Zettel auch, Zollbeamter ebenso – wir fahren mit mehreren Booten aus Agadir
los. So einfach (für uns , Freund Bruce sorgte dann doch noch für 2Stunden
Verspätung).
So ging es auf unseren 270 NM Törn zu den Kanaren. Eine
denkwürdige Fahrt stand uns bevor.
Fahrt nach Arrecife Lanzarote
Die ersten 20 Meilen konnten wir gut segeln, mit 3 Knoten Fahrt waren wir ja schon zufrieden. In der Nacht schlief dann der Wind ein und es wurde neblig. Wir vereinbarten mit Bruce, dass wir immer wieder eine halbe Stunde motoren, den Motor abkühlen lassen, checken und wieder weiterfahren. Zu unserem Schreck drückte sich aus der Ölpumpe erneut Öl heraus, die Dichtung wurde nicht richtig zugeschnitten. Hartmut hing eine Flasche drunter, die das Öl auffing und hat es wieder oben nachgefüllt. Er saß unten vor dem laufenden Motor und brüllte mir ein: „Stop!“ zu, wenn die Flasche voll war. Doch es wurde immer mehr und wir funkten Bruce, dass wir nicht mehr Motoren können.
Schleppen im dunkeln, bei Nebel und 3m Schwell war uns zu gefährlich, zumal Bruce alleine an Bord war. Also dümpelten wir im Nebel, eine unheimliche Stimmung. Wir waren froh, dass Bruce einen AIS Transponder hat und uns mit seinen gesendeten Daten Schutz gab, denn die dicke Fähre „Mein Schiff“ kam nebelhorntutend an uns vorbei.
Trotz Flaute schob uns der Golfstrom mit einem Knoten vorwärts, Bruce erzählte uns später im Hafen, dass er die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, da er Angst hatte uns zu verlieren.
Am Morgen hat Bruce uns 20 Meilen geschleppt, wir waren so dankbar! Der arme Kerl war so müde, dass er Schlangenlinien fuhr.
Im Schlepp mit Bruce
Volle Konzentration - oft drohten wir mit der Welle Bruce zu überholen
Danach konnten wir wenigstens wieder mit 2 Knoten Fahrt segeln und hofften bald in die Windzone zu kommen, wo der Wind eigentlich mit 16 Knoten blasen sollte. Hartmut reparierte die Dichtung der Ölpumpe, wir wollten den Motor nur im Notfall und für die Hafeneinfahrt starten.
Es blieb schwachwindig und Bruce verabschiedete sich am Abend von uns, da ihm die Fahrt alleine zu lang wurde. Wir konnten das gut verstehen, wir kamen ja langsam voran, es war trotzdem ein komisches Gefühl. Unser Etmal (Wegstrecke in 24 Stunden) betrug am ersten Tag 54 Meilen und am zweiten 61.
Hab mich noch selten so verloren gefühlt. Wir dümpeln auf
dem Atlantik rum, können nicht mit Motor einfach mal in ein Windgebiet tuckern,
haben des Nachts sogar Nebel, bewegen uns mit Etmalen (Seemeilen / 24 Stunden)
von etwa 60, treiben mehr, als wir segeln, sind alleine im weiten Rund (Bruce
ist ja weitergefahren!!!). Zum Glück kam vor der Depression etwas Wind und wir
rutschten langsam in die Nordwindzone.
Wir richteten uns schon darauf ein, einen vierten Tag unterwegs zu sein. Nach 120 Meilen blies dann endlich der lang ersehnte Wind und die Fahrt wurde richtig schön mit 4-6 Knoten Fahrt unter sternenklarem Himmel. So konnte auch der Windgenerator laufen, ohne Motorladung reicht die Stromzufuhr eines Solarpanels nicht.
Morgens sahen wir reichlich zerzaust aus
Letzter Sonnenaufgang vor Lanzarote
Land in Sicht!
20 Meilen vor dem Ziel schlief der Wind erneut ein, zermürbend so kurz vor dem Ziel, vor allem wenn man von einem Segler unter Motor überholt wird. Wir hatten Telefonkontakt mit dem Hafen, ließen uns die Telefonnummer der Seenotrettung geben und starteten den Motor. Siehe da, die Dichtung hielt! Es kam doch noch einmal Wind auf, wir segelten in die Hafeneinfahrt von Arrecife und waren froh und erleichtert von einem netten Marinero im Hafen erwartet zu werden. Der freundliche und unbürokratische Empfang war Balsam für unsere Seele.
Arrecife - Lanzarote
Wir sind mit Freude und viel Hoffnung auf Rettung aus
unserem Dilemma jetzt hier nach Arrecife gekommen, möchten erst einmal durchatmen,
uns etwas entspannen. Gut, es wird weder einfach noch billig, egal was an der
Maschine zu machen ist, weil – sie muss wohl raus, denn es geht sicher an die
Innereien des Motors. Wir sagen Henning Bescheid, dass wir da sind – er kommt
sofort, mit Motorrad (sympathisch, BMW GS1150) zum Vorgespräch, erzählt seine Kanaren
Geschichte und seine Philosophie (lieber neu als Ramsch! – klingt ja nicht
schlecht!). Sein Fachmann Bernd kommt Anfang der Woche und guckt! (Wieweit is'r
denn schon Spanier? Trau ich mich nicht zu fragen). Nett, unterhaltsam - Hoffnungsblüte! Dienstag: Bernd, ein sehr
netter, älterer, so um die 60ger, kommt, auch bar jeden Werkzeugs, is‘ aber
auch schwer, und wir quatschen erst mal über Notwendiges, wie man halt so lebt
auf den Inseln, soweit weg von jeder Zivilisation und dann auch noch auf
Lanzarote. Dann auch über unser Problem – ja, sie warten auf ein
Kompressions-Druck-Messgerät, sei schon überfällig, werde aber jederzeit
erwartet, helfe ja sehr. Wann? Oh, kann immer kommen! Was nu? Ja, is ja noch
einfach! Was hat der Motor denn? Beschreibung gab's ja schon schriftlich! Ja, muss raus. Is‘ aber
prinzipiell kein Problem – da fährt man an die Mole und hebt die Maschine mit
nem Leichtkran auf Pickup – ja, da machen sie auch die MG Stände drauf, so in
diesen Kriegsgebieten – sieht man immer wieder im TV – und Neuen so rein! Aber
Lenkung is' ja dann abgebaut, wie? Jaou. Dann mit Hafenschlepper hinbringen.
Macht man ja öfter! Ja, das ist ein Trost. Wann? Wir müssen recherchieren, was die Teile so
kosten, und die Dichtungen. Dauert ein paar Tage. OK, willste mal hören? Ne, is
gut. Also, bis dann.
War nett – aber wir fallen in ein Loch! Wann ist wer mit
was, wie beschäftigt??? Wir warten eine Woche! In der Zwischenzeit kontaktieren
wir weiter, ein SOLE Motoren Lieferant ist am Hafen und macht ein Angebot,
Mechaniker spricht nur spanisch, toll. Volvo hat auch eine Vertretung hier,
auch im Hafen, sauteuer! Über die Moody Owners Assoziation erfahren wir, dass
am besten BETA passt, oder Volvo. Endlich erreiche ich Henning. Und dann sagt er
mir doch, dass er eigentlich zu viel zu tun hat, und eigentlich lieber höher
als Motor, und eigentlich lieber gar nicht!
Deshalb sind wir also hier rüber gekommen? Wir waren dann so etwas von
niedergeschlagen, alle beide! Nach 2-3 Tagen hab ich Henning eine bitterböse
Antwort zukommen lassen und wir beide entschließen uns, den Motor komplett
auszutauschen. Wir haben jetzt eine Firma auf Gran Canaria, die Vertretung für
BETA Marina ist, die macht alles! Jetzt
haben wir angezahlt und warten auf den Motor – müssen nach Las Palmas rüber, da
wird es gemacht. D a s w a r u n s e r
G A U
Vom Kaktuspark und den anderen Sehenswürdigkeiten der schönen Insel Lanzarotes erzählen wir im nächsten Blogeintrag.
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